DKW-Motorraddienst

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Geläufige Klingelursachen


Es ist erstaunlich, wie wenige Werkstätten sich bei Klingelei zu helfen wissen. Zwar erhalten die gesamten DKW-Werkstätten laufend vom Werk die "DKW-Praxis", in der immer wieder auf irgendwelche Klingelursachen und deren Beseitigung hingewiesen wird, es ist aber nicht gesagt, daß der Schlosser in der Werkstatt auch tatsächlich etwas davon weiß. Man muß sich da also schon immer mal selber darum kümmern und deshalb fällt auch dieses Klingelkapitel so umfangreich aus. Für uns ist die Hauptsache zu wissen: Jede DKW ist mit ganz normalem Fahrbenzin klingelfrei zu bekommen, sie muß einfach klingelfrei gehen!

Bild 26: Wenn man den Spritschlauch aus dem Tankhahn schraubt, kommt einem dieses Filter entgegen — ist bei neuen Maschinen immer mal versetzt, hindert den Sprltzulauf, ohne ihn völlig zu drosseln, und kann so Klingelursache werden.
Bild 27: Ãœberm Tankhahn im Tank sitzt dieses Filter, kriegt man also nur bei leerem oder abgenommenem Tank raus, ist immer nur unten zugesetzt und behindert dann den Spritzulauf bei Reservestellung.
Bild 28: Bei den älteren RTs kann diese Kante im Zylinderkopf zu scharf sein, wird mit Schaber oder Feile ausgerundet.
Bild 29 und Bild 30: Wenn man von oben in die Vergasermischkammer guckt, sieht man diese beiden Löcher. Das eine muß genau im Halbrundausschnitt des Einsatzes sitzen, das dem Motor zugewandte Loch muß sauber angesenkt sein, wie die Zeichnung unten angibt.
Gelegentlich findet man die Ansicht verbreitet. DKW-Motoren seien Klingelpötte, es gibt sogar Werkstätten, die unbegreiflicherweise behaupten, eine DKW müsse klingeln, sonst sei es eben keine DKW. Ein so gewaltiger Unsinn das auch ist, so hat er doch wie jeder Unsinn letzten Endes irgendwo einen tatsächlichen Grund. Das sind aber immer maschinelle Unzulänglichkeiten, die bezeichnenderweise auch nur immer im Bereich ganz bestimmter Werkstatten und Vertreterfirmen auttreten, die mehr von Motorradhandel als von Motorradbehandlung verstehen. Hat man das Pech, irgendwo in der Wildnis auf eine solche Werkstatt angewiesen zu sein, dann bleibt nichts anderes übrig, als sich selbst um den Motor zu kümmern oder der betreffenden Werkstatt auf die Nerven zu stehen: Die DKW-Vertretungen bekommen nämlich regelmäßig vom Werk die "DKW-Praxis" und dort werden immer wieder Fehlermöglichkeiten aufgeführt, die man nur zu beachten braucht. Der Einfachheit halber geben wir aber nachstehend ein paar Tips für die Selbstbehandlung klingelnder RTs:

Unter allen Umständen wird zunächst einmal sehr gewissenhaft der Vergaser gereinigt, sämtliche, auch die verstecktesten Bohrungen werden mit einem Kupferdrähtchen (das man aus einem Lichtkabel herausdrieseln kann) durchstoßen, damit auch sicher Durchgang vorhanden ist. Auch der Durchlauf durch den Hahn wird kontrolliert, der Sprit muß also in dicken Strömen fließen. Auch das Belüftungsloch im Tankdeckel darf nicht vergessen werden, es muß einwandfrei Durchgang haben. Sodann wird kontrolliert, ob die dem Motor zugewendete Seite der Vergaseröffnung ohne Überstand mit der Dichtung zusammenpaßt und ob diese wiederum ohne Überstand auf der Ansaugöffnung des Zylinders sitzt. Überstände werden durch Ausfeilen beseitigt. Ferner ist es möglich, daß beim unvernünftigen Anknallen der beiden Befestigungsmuttern des Vergaserflansches dieser verzogen wurde und der Flansch in der Mitte nicht mehr genau dichtet. Hier wird dann natürlich Nebenluft angesaugt, der Motor klingelt und hat auch keinen sauberen Leerlauf mehr. Wenn man den gereinigten Vergaser wieder zusammenbaut, achte man auch darauf, daß bei RT 200 und RT 250 ein mit 5 bezeichneter Einsatz vorhanden sein muß, dieser Einsatz hat einen Ausschnitt für die Leerlaufbohrung. Es ist beim Zusammenbau peinlich darauf zu achten, daß der Einsatz nicht nachlässig und leicht verdreht montiert wird, die Leerlauföffnung muß genau in der Mitte des Einsatzausschnittes sitzen. Neben dieser Leerlauföffnung befindet sich noch eine zweite Leerlaufbohrung, die ganz leicht angefast ist, wie unsere Bilder 29 und 30 dies zeigen. Wenn die Fase schief sitzt, oder wenn sie gar nicht vorhanden ist, führt dies zu einem schlechten Leerlauf, der gleichzeitig Klingelursache sein kann. Mit einem langen 3-mm-Bohrer oder auch mit einem mit eingeteilter Pyramidenspitze versehenen Rundeisen läßt sich diese Fase nachträglich anbringen oder korrigieren.

Eine weitere Klingelursache kann eine zu magere Vergasereinstellung sein, man richtet sich zunächst nach den in den technischen Tabellen angegebenen Grundeinstellungcn. Diese sind zwar bei einzelnen Maschinen nach der mageren Seite hin noch korrigierbar, aber eben gerade diese magere Einstellung kann Klingelursache sein. Wie wir bereits im Einfahrkapitel festgestellt haben, kann man anstandslos auch eine etwas fettere Einstellung nehmen, sowohl die nächsthöhere Hauptdüse wie auch eine um eine Kerbe höhere Nadelstellung, ohne daß dadurch der Verbrauch zu steigen braucht.

Erstaunlich wichtig für die Klingelei, auch bei Vollgasstellung des Vergasers, ist die Einstellung der Leerlaufluft: Sobald man unter Klingelei zu leiden hat, stellt man die Leerlaufluft auf den Tabellenwert und kontrolliert vor allem auch die Leerlaufdüse. Mit einer 60er Leerlaufdüse kann ein RT-Motor schon einmal klingeln, man nimmt dann eben eine 70er Düse, damit ist die Klingelursache bestimmt beseitigt.

Die größere Leerlaufdüse ist ein Radikalmittel. Meist braucht man gar nicht so energisch vorzugehen — hier sowohl wie bei älteren Vergasern mit gar keiner oder doch nicht auswechselbarer Leerlaufdüse macht man einfach die Leerlaufluftschraube von der tabellenmäßigen Einstellung ausgehend um eine halbe, vielleicht sogar eine ganze Umdrehung weiter zu. Dieses Anfetten des Leerlaufgemisches ist ein sehr wirksames Mittel gegen Klingeln und macht sich — bitte sehr beachten! — bis gegen 3/4 Vollgas hinauf bemerkbar. Nächsthäufig als Klingelursache ist eine zu früh eingestellte Zündung, siehe auch Kapitel Zündeinstellung. Regulärer Wert für die Frühzündung ist 5,5—5,8 mm vor o. T. (Den genauen Wert finden Sie hier im Datenblatt des jeweiligen Motorrad-Modell!) Dieser Wert ist nur mit großer Sorgfalt nachzuprüfen, gegebenenfalls verstellt man also nach dem im Zündkapitel angegebenen Verfahren versuchsweise einmal in der Richtung auf spät. Stellt sich dabei keine sofortige Besserung ein, qeht man wieder auf den früheren Zündzeitpunkt zurück und sucht daraufhin die dritthäufigste Klingelursache bei älteren RTs:

Im Zylinderkopf befindet sich eine verhältnismäßig scharte Kante, wie unser Bild zeigt. Diese Kante wird mit einem Schaber oder einem Bohrmaschinenfräser einfach rundbearbeitet. (Es dürfte ja wohl klar sein, daß man zuvor die allerbanalste Klingelursache in Gestalt dicker Ölkohlenschichten im Zylinderkopf und im Auslaßschlitz beseitigt hat!)

In ganz hartnäckigen Fällen besteht noch eine allerletzte Klingelmöglichkeit in Gestalt von Undichtigkeiten im Kurbelgehäuse. Wenn diese Ursache vorliegen sollte, dann muß aber schon irgendein Murkser das Kurbelgehäuse einmal auseinander gehabt und bei dieser Gelegenheit verdorben haben, hier hilft naturgemäß nur eine gewissenhafte Demontage und Nachdichtung der Gehäusefuge. Relativ häufiger sind schon Undichtigkeiten in den Kurbelwellendurchführungen, denn gegen Ende der natürlichen Lebensdauer einer Kurbelwelle, also so um die 40.000 km herum, können mit den "luftig" gewordenen Hauptlagern auch die Simmerringe gelitten haben. Auf der Lichtmaschinenseite zeigt sich ein nicht mehr dichtes Lager bzw. ein undichter Simmerring durch einen leichten Ölhauch an, auch um den Unterbrecher herum ist alles mit verschmurgeltem und braun gewordenem Öl bezogen.

aus: Der Motortest - Die großen DKWs: RT 175 bis RT 250/2, 1. Auflage 1954



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