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Motorrad-Test: Die großen DKWs: RT 175 bis RT 250/2Die RTs mit SeitenwagenÜbersetzungsfragen
Die RT 250 Dreigang war schon immer als ausgesprochen gute Gespannmaschine anzusprechen. Wenn auch die Beschleunigungskennlinie bei 70 km/h schon leicht umzubiegen begann, so war man aber eben doch nach 40 Sekunden schon spürbar über 80 km/h und kam mit längerem Anlauf auch auf 85 km/h. (Hier aber nicht mit zwei Mann von je 65 kg besetzt, den beiden RT 250er-Kennlinien in Bild 14 liegt ein Fahrer von 100 kg im dicken Fahrmantel und ein Mitfahrer von 60 kg zu Grunde.) Die RT 250-Viergang gibt, wie vorauszusehen, eine bessere Beschleunigung, man erhält aber und das war nicht vorauszusehen auch eine bessere Spitzengeschwindigkeit. Korrekterweise muß ich aber dazu doch sagen, daß die Dreigangsmaschine bei uns im Winter 51/52 lief, während die Beschleunigungslinie mit der Viergangmaschine mit der gleichen Besetzung im Sommer 1953 ermittelt wurde. Auf einer Autobahnstrecke mit Steigungen und Gefällen wie zwischen München und Stuttgart kann man anstandslos Dauervollgas stehenlassen, man läuft dann in der Ebene zehnminutenweise zwischen 85 und 90 km/h, über die ganze Distanz stellt sich damit ein Reiseschnitt von 75 km/h ein. Schließlich ist in Bild 14 noch eine Kennlinie der RT 250 mit einem Mann besetzt eingetragen. Hier geht die Spitze über 90 km/h hinaus, diese Beschleunigungslinie liegt sehr dicht neben der Beschleunigung eines 350er-Gespannes mit zwei Mann besetzt. Es wäre höchstens noch zu bemerken, daß bei der Ermittlung dieser Kennlinie auch die Windschutzscheibe des Seitenwagens umgelegt war. In dieser Form ist ein 250er-Gespann eine ausgesprochen schnelle Angelegenheit und wer sich den Seitenwagen lediglich anschafft, um im Winter das berühmte dritte Bein auf dem Boden zu haben, der wird vielleicht staunen, wie er mit dem Gespann bei Nässe und Matsch wesentlich höhere Reiseschnitte erzielt als mit der Solomaschine — man braucht eben gar nicht so oft mit der Fahrt herunterzugehen wie mit der Solomaschine und kann bis zur letzten Minute immer Dampf stehenlassen. Wie wir schon eingangs bei der Besprechung der Motoren festgestellt haben, werden die RT-Motoren von der Auto Union als ausgesprochen „niedertourige" Motoren bezeichnet und mit diesem Argument verkauft, Das trifft allerdings nur insoweit zu, als die Spitzenleistung im Vergleich zu anderen Motoren bei ziemlich niedriger Drehzahl erreicht wird. Charakteristisch für die DKW-Motoren ist aber tatsächlich, daß die Leistung jenseits der Spitzendrehzahl nur ganz allmählich absinkt, man kann also die gesamten RT-Motoren ganz gewaltig überdrehen. Diese Ãœberdrehfähigkeit, ohne daß dabei die Leistung nennenswert abfällt, hat man bei der Auto Union auch dementsprechend ausgenützt. Die Auto Union ist wohl die einzige Firma, die von Hause aus sich nicht vor dem Drehen fürchtet, obwohl sie ihre Motoren als niedertourig anpreist — bereits die Solomaschinen sind theoretisch richtig und nicht etwa zu knapp übersetzt, erst recht gilt dies für die serienmäßigen Gespannübersetzungen. Infolgedessen liegt bei DKW eine Gespannübersetzung auch wenigstens 20% höher als die Soloübersetzung. Wenn man das Diagramm Bild 2 untersucht, dann wird man finden, daß die RT 250 (Viergang) laut Ãœbersetzungsdiagramm Bild 11 bei 70 km/h ihre Spitzenleistung und bei 80 km/h bereits etwas weniger als Spitzenleistung hat. Demgegenüber stehen aber die für diese Maschine tatsächlich ermittelten Werte des Beschleunigungsdiagrammes Bild 14, nach dem das Gespann nahe an 90 km/h herankommt. Mit genau demselben Motor läuft dieses Gespann mit einem Mann noch über 90 km/h, das heißt also, daß hier wieder einmal der Beweis dafür geliefert wurde, wieviel eine korrekte und nicht etwa zu knappe Ãœbersetzung bei einem drehfreudigen Motor tatsächlich einbringt. Aus Bild 10 geht auch noch hervor, daß man im Gespannbetrieb in den drei oberen Gängen immer sehr schön flüssig Anschluß kriegt, man kann also den Zweiten bis 50 km/h drinlassen, den Dritten bis 65 km/h und braucht erst von hier in den Vierten zu gehen. Es ist dabei möglich, ein Gespann mit 65 km/h die berühmte sechsprozentige Autobahnsteigung hinaufzujagen, auch wenn diese einmal zwei oder drei Kilometer lang ist. Was sich im Solobetrieb überhaupt kaum bemerkbar macht, merkt man aber doch im Gespannbetrieb: Weil die Getriebeabstufung der DKWs entsprechend den Wünschen des größten Teils der Käufer für schnellen Straßenbetrieb ausgelegt wurde, geistert der erste Gang ein bißchen einsam unten herum. Da aber der durchschnittliche DKW-Besitzer höchstens einmal im Jahr nach Österreich kommt, wo er tatsächlich im ersten Gang einen Berg hochkriechen muß, ist es wohl nicht zuviel verlangt, wenn man ihm sagt, er müsse sich dann eben mit 18—20 km/h begnügen. Schließlich sind so schwere Berge ja auch nicht allzu häufig, man muß sich eben damit bescheiden, daß man nicht an jedem Berg wieder in den Zweiten hochschalten kann. (Es dürfte aber keinen schweizerischen Paß geben, den man nicht auch mit zwei Mann im zweiten Gang hochkäme!) Die Steigfähigkeit der 250er-Gespanne wird am besten dadurch charakterisiert, daß wir mit der alten Viergang 250er mit 100 kg Fahrer, 55 kg Passagier und 40 kg Gepäck die maximal 22% des Pötschen mit sehr viel Reserve im Gasgriff im Ersten glatt geschafft haben. Höchstwahrscheinlich hätten wir auch die Turrach-Südseite geschafft, dazu hat es zeitlich aber nicht mehr gereicht. Ich kann aber hinzufügen, daß ich am Pötschen von Ischl herkommend höchstens über 300 m Distanz an insgesamt drei Steilen im ersten Gang war und den Rest im Zweiten, ein großes Stück sogar im Dritten fahren konnte. Mit der RT 250/2 ist auch die Turrach-Südseite unter Garantie kein Problem. In den technischen Tabellen sind für die einzelnen Maschinen die Gespannübersetzungen angegeben, nach meiner bisherigen Erfahrung wird es kaum jemals in Frage kommen, daß man tatsächlich bei den 250ern ein 14er Ritzel braucht, man wird immer mit dem 15er Ritzel sein Auslangen finden und sich über die dabei bewahrte Geschwindigkeit im Vierten freuen dürfen. aus: Der Motortest - Die großen DKWs: RT 175 bis RT 250/2, 1. Auflage 1954 Lesen Sie auf der nächsten Seite: Der Seitenwagen selber |
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