DKW-Motorraddienst

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Motorrad-Test: Die großen DKWs: RT 175 bis RT 250/2

Die elektrische Anlage


Im Gegensatz zur übrigen Motorradindustrie, die Bosch- oder Noris-Anlagen verwendet, baut man bei der Auto Union eigene Konstruktionen ein, die entweder aus dem eigenen Betrieb in Spandau oder von Siba-Elektrik in Plochingen stammen. Bis einschließlich RT 250-Viergang hatte man die auch anderwärts standardisierte Lichtmaschinenleistung von 45—60 W, ab RT 175 und RT 250/2 hat man die Lichtmaschinenleistung erhöht auf 55—70 Watt.

Bild 52: Die neue Bauart der Bürstenhalter und Andruckfedern, nunmehr wärmeunempfindlich.
Bild 53: Die alten Bürstenhalter, geliefert bis Herbst 1953, die Schrauben-Andrückfedern bedürfen öfterer Kontrolle.
Bild 54: Nach Abnehmen des Gehäuses ist der Anker samt Kollektor zugänglich. Die Anker der neuen, in der Leistung erhöhten Lichtmaschinen sind mit Lackdraht gewickelt.
Bild 55: Normalerweise hat der Regler eine besondere Schutzkappe, man kann aber zum Ausprobieren verschiedener Einstellungen gut ein paar Wochen ohne Kappe fahren, besonders wenn man die Fuge zwischen Kurbelgehäuse und Kupplungsdeckel mit Leukoplast abdichtet.
Bild 56: Mit der Anschlagzunge A läßt sich die einzuregelnde Spannung hintrimmen, die Anschlagzunge B beeinflußt die Einschaltdrehzahl.
Bild 57: Regelkennlinie der DKW-Regler bei verschiedener Be¬lastung. Obere Kennlinie gilt für kalte Lichtmaschine, untere Kennlinie für 90° warme Maschine.
Bild 58: Der ab Herbst 1935 verwendete endgültige Lichtschalter, frost und narrensicher, mit Anfahrstellung für leere Batterie, paßt ohne Umänderung in Notek-Scheinwerfergehäuse.
Bild 59: Wenn einem beim Abnehmen des Zündverstellers die Bröckerln in die Gegend gespritzt sind: So gehören sie wieder zusammen! Die Nase A gehört in den Ausschnitt B, 1 gehört zu 1, 2 gehört zu 2 und die Nase 0 fixiert den Zündverteiler auf der Ankerwelle.
Bild 60: Man war bei DKW immer mißtrauisch und hat eine redlich große Zündspule oben unter den Steuerkopf gehängt — die denkt nicht mehr an kaputtgehen und außerdem ist die Hochspannungsleistung schön kurz und feuchtigkeitssicher.
Während es nun speziell bei den Noris-Anlagen kaum möglich war, die Lichtmaschine zu überlasten, auch wenn man eine sehr hohe Netzspannung einregulierte - der verwendete F-Regler wirkte stark als Leistungsbegrenzer und ließ bei Erreichen der Maximalleistung die eingestellte Netzspannung ganz einfach herunterbrechen — läßt der DKW-Regler eine solche Überlastung ohne weiteres zu. Man darf also bei einer DKW Lichtanlage sich nicht auf dieses automatische Zusammenbrechen der Netzspannung verlassen und muß von vornherein ein bißchen nachrechnen, wieviel Leistung man der Lichtanlage überhaupt aufpackt. Dafür gelten folgende Werte: Für die Zündleistung muß man mit 6—8 W rechnen, die Schlußlampe braucht bei den DKWs 5 W, weil man so klug war, den Zauber mit den durch Erschütterung ewig zerstörten 2-W-Lämpchen erst gar nicht mitzumachen. Dies macht nun von vornherein eine Grundbelastung von 13 W aus, dazu kommen 35 W für die Scheinwerferlampe und damit sind auch schon 48 W beisammen, für einen Seitenwagen muß man noch einmal 5 W für die übliche Positionslampe oder zweimal 2 W für getrennte Positionslampen rechnen, so daß man also auf eine Gesamtbelastung von rund 50—52 W kommt, zu der noch Batterieladung mit 3—6 Watt zu addieren ist. Diese Belastung wird von der alten Maschine mit 45/60 W Belastbarkeit ohne weiteres vertragen, auch in stundenlangem Betrieb im Sommer, also bei hoher Außentemperatur. Bei niedriger Außentemperatur, wenn also die Gesamttemperatur jedes Teiles des Motors entsprechend niedrig liegt, kann man ruhig auch höher belasten.

Diese Höherbelastung kommt ja wohl immer dann in Frage, wenn man im Winter geheizte Handgriffe fahren will. (Diese gibt es bei W. Ernst in Zusmarshausen (Schwaben)). Ein Paar geheizte Griffe kann man mit 20 W Leistungsbedarf ansetzen, diese 20 W sind allerdings bei Seitenwagenbetrieb auch im Winter nicht mehr drin, wenn man im Scheinwerfer 35 W fahren will — man muß dann schon auf 25 W heruntergehen.

Bei den neuen Typen mit der in der Leistung erhöhten Lichtmaschine is dagegen die Leistung für ein Paar geheizte Griffe auch bei Seitenwagenbetrieb und 35 W im Scheinwerfer „drin", auch wenn der Rechnung nach eine Gesamtbelastung von 75—80 W herauskommt. Man fährt ja geheizte Griffe nur, wenn es wirklich kalt ist und demnach auch die Lichtmaschine entsprechend kalt geht — infolgedessen wird auch 80 W Gesamtlast ohne Schaden vertragen.

(Ich habe in früheren Testheften geschrieben, man könne vom F-Regler der Noris-Anlage eine Windung der Stromspule herunternehmen und die Lichtmaschinen so wesentlich höher belasten, so daß aus einer Lichtmaschine mit 45/60 W Nenn¬leistung auch 75 W herausgeholt werden können. Dies beruht auf eigener Wintererfahrung, ich vermute, daß dies auch für die DKW-Lichtmaschinen zutrifft, habe aber damit noch keine eigene Erfahrung, und naheliegenderweise sieht man im Werk keinen Grund, mir in dieser Meinung etwa zuzureden; man warnt also vor einer Überlastung. Eine solche Überlastung äußert sich übrigens keineswegs so, daß nun irgendwo eine Isolation verbrennt oder sonst schwerer Schaden angerichtet wird, es lötet lediglich der Kollektor aus.)

Voraussetzung für jede hohe Belastung oder gar Überbelastung ist natürlich ein einwandfreier Zustand der Bürsten, die in ihren Lagern nicht klemmen dürfen und ebenso auch nicht etwa wackeln dürfen. Sehr wichtig ist auch ein genügender Anpreßdruck der Bürsten, bei den neueren Lichtmaschinenausführungen mit Spiralfeder nach Bild 52 ist dieser korrekte Bürstendruck auch gesichert. Bei den älteren Ausführungen mit Schraubenfedern nach Bild 53 empfiehlt sich eine öftere Kontrolle auf guten Zustand der Schraubenfedern, die in ihren untersten Gängen an der Kohle nicht überhitzt und infolgedessen zusammengedrückt sein dürfen. Die Abnützung der Kohlen darf nur so weit gehen, daß die Zuleitungslitze zur Kohle in ihrer Führung auf gar keinen Fall aufsitzt.

Der Kollektor ist bei den DKW-Maschinen nur über einen kleinen Ausschnitt zwischen den Kohlen sichtbar, es ist aber kein Problem, das ganze Lichtmaschinengehäuse abzuziehen, man hat dann den ganzen Anker vor sich und kann kontrollieren, ob der Kollektor rundherum eine tadellose, dunkelglänzende Laufpatina zeigt und völlig frei von Brandstellen ist. Wenn einzelne Kollektorsegmente verbrannt sind, sinngemäß wird dies nur bei älteren Maschinen der Fall sein, dann muß zunächst der Kollektor in einer sehr guten Werkstatt aufgearbeitet werden, dazu gehört dann auch immer ein Paar neuer Kohlen. Bevor man aber mit voller Leistung oder sogar mit Überlast an die Lichtmaschine herangeht, muß der neu bearbeitete Kollektor samt Bürsten runde 100 km nur mit Zündung und Ladestrom belastet laufen — danach kann dann volle Last drauf.

Der Regler der DKW-Lichtmaschinen ist völlig anders aufgebaut als der F-Regler der Bosch- oder Noris-Anlage und er verhält sich auch anders. Unser Diagramm Bild 57 zeigt die Belastungskennlinie des DKW-Reglers, die obere Linie kalt, die untere Linie warm. Im Gegensatz zum F-Regler, der bei Erwärmung die eingeregelte Spannung steigen läßt und so bei Sommerbetrieb gelegentlich zum Überkochen der Batterie beiträgt, regelt der DKW-Regler bei steigender Temperatur eine niedrigere Spannung ein. Aus dem Diagramm geht hervor, welche Spannungen bei den verschiedenen Belastungen zu erwarten sind. Wenn der Motor läuft und die Lichtmaschine nur den
Zündstrom zu liefern hat, also weder Licht noch die Batterie angeschlossen sind, werden ungefähr 7 W verbraucht, bei kalter Lichtmaschine müssen dann 7,8—7,9 V eingeregelt werden, bei heißgefahrencr Lichtmaschine 7,2 V.

Bei werksneuen Maschinen bezw. bei Lichtmaschinen, die im Originalzustand nachgekauft wurden, sind die Regler naturgemäß auf einen Mittelwert eingestellt, der 7,4 V mit einer zulässigen Plustoleranz von 0,1 Volt beträgt. Auf höhere Werte geht man also nur, wenn man wie hier geschildert mit extremer Winterbelastung fahren muß, niedriger kann man gehen, wenn man im Sommer ziemlich ausschließlich lange Autobahnstrecken abzuspulen hat und auch sonst sehr scharf fährt.

Die weiteren drei Belastungsstufen in unserem Diagramm gelten für die Zuschaltung von Scheinwerferlampe und Schlußlicht, die Zuschaltung der Batterie und die Zuschaltung einer evtl. Seitenwagenbeleuchtung. Dabei wurde davon ausgegangen, daß die ziemlich volle Batterie einen Ladestrom von ungefähr 1 A bekommt. Bei voller Belastung auch mit Seitenwagenlicht stehen bei kalter Lichtmaschine 7—7,1 V zur Verfügung; diese Spannung wird auch gebraucht, damit die Batterie ihr 1 A Ladestrom aufnimmt. In dem Maße, wie Lichtmaschine und Regler sich hochheizen, sinkt die Netzspannung ab, sie sinkt auf 6,4—6,5 V. Hat man nun bei dieser Belastung Langstrecke zu fahren, dann ist es gut, denn bei 6,5 V fließt immerhin noch ein Ladestrom von 0,1—0,2 A. Hat man aber eine lange Großstadtdurchfahrt, die unter Umständen 30—40 Minuten dauern kann und einen zwingt, häufig mit der Drehzahl herunterzugehen, dann kann es sein, daß von 40 Minuten Fahrzeit volle 20 Minuten der Lichtstrom aus der Batterie gedeckt werden muß. Das macht bei einzelnen Fahrten zwar nichts aus, vor allem dann nicht, wenn sich an eine solche Ortsdurchfahrt am gleichen oder am folgenden Tag 2—3 schnelle Fahrstunden anschließen. Dann lädt sich die Batterie wieder auf, auch wenn man mit voller Lichtbelastung fahren muß. Hat man aber diese Großstadtdurchfahrt womöglich pro Tag zweimal und auch noch täglich zu bewältigen, dann kann es sehr wohl sein, daß nach 3—4 Tagen die Batterie einfach leer ist.

Unter solchen Umständen — aber tatsächlich nur unter solchen Umständen — lohnt es sich dann, den Regler auf eine etwas höhere Netzspannung einzustellen, es kommen dazu 0,3—0,4 V Höhereinstellung in Frage. Noch deutlicher: Hat man unter solchem Leerwerden der Batterie in wenigen Tagen infolge erzwungenen Langsamfahrens zu leiden, dann stellt man fest, welche Netzspannung die kalte Maschine — nur mit der Zündung belastet — hergibt. Selbst wenn sich dabei eine Netzspannung von 7,8—7,9 V ergibt, kann man also auf 8,2—8,3 V höhergehen. Man muß sich aber auch ebenso darüber klar sein, daß diese Höhereinstellung nur solange tragbar ist, wie eben diese besondere Art der Belastung vorliegt. Wenn man dazwischendrin mal ein paar 100 km Langstrecke zu fahren hat, tut man gut, die ganze Zeit über das Licht brennen zu lassen, damit die Batterie nicht unnötig kocht. Wenn im Frühjahr die Nachtfahrerei überhaupt wieder aufhört, dann kommt man nicht darum herum, die besonders hohe Wintereinstellung auf den Sommer zu reduzieren und wieder zur vorschriftsmäßigen Einstellung von 7,8—7,9 V zurückzugehen. Dieser Kummer mit der unter Umständen notwendigen Wintereinstellung trifft für die noch kleinen Lichtmaschinen bis einschließlich RT 250 zu. Für die stärkere Lichtmaschine der RT 250/2 habe ich zwar selbst noch nicht ausprobiert, ob auch hier eine Wintereinstellung notwendig ist, möchte es aber nicht annehmen.

Bezüglich der Spannungsmessung gleich noch ein Hinweis: Die meisten Werkstätten kaufen ihre Spannungsmeßgeräte dem Preise nach, also möglichst billig. Sie gehen auch von der meist zutreffenden Voraussetzung aus, daß mit den Instrumenten sehr rauh umgegangen wird und sie über kurz oder lang doch kaputtgemacht werden. Leider weisen aber gerade billige Meßinstrumente eine erstaunliche Ungenauigkeit der Anzeige auf. Wenn man also an der Einstellung der Lichtmaschine herumschlossert oder herumschlossern läßt, dann empfiehlt sich immer ein mißtrauischer Blick auf das Instrument, es möchte also schon aus gutem Hause und in gutem Zustand sein. (Wenn ein Lehrjunge ein Meßinstrument an den Strippen daherschleift und es auf den bloßen Fußboden stellt, dann tut man gut, stillschweigend wieder fortzugehen und die Nachstellung erst gar nicht machen zu lassen!) Man sollte eine solche Spannungsmessung nur mit Instrumenten mit Messerzeiger machen, bei denen auf der Skala die 0,1-V-Teilstriche wenigstens 1 mm Abstand haben und irgendwo auf der Skala des Instrumentes müßte rechts unten oder links unten neben der Herstellerbezeichnung auch noch eine Zahl „1,0" oder „1,5" zu sehen sein — diese Zahl bezeichnet nämlich die Genauigkeit des Instrumentes in Prozenten.

Angeschlossen wird zur Regler-Einstellung das Voltmeter mit dem Minuspol an Masse und mit dem Pluspol an der Leitung, die zum Pluspol der Batterie führt. Diese Leitung wird ja von der Batterie abgeklemmt, solange man die Spannungseinstellung nur unter Belastung der Lichtmaschine durch die Zündung bei laufendem Motor vornimmt.

Bei den DKW-Reglern geschieht die Nachstellung der Reglerspannung durch Verbiegen einer Anschlagzunge für die Reglerfeder. Dazu gibt es bei DKW kleine Messinghebelchen, mit denen ich allerdings nicht umgehen kann. Ich mache das mit einer scharfen Feinmechaniker-Flachzange, die nur den Nachteil hat, den Magnetfluß zu ändern. Wenn also der unberührte Regler beispielsweise 7,5 V hergibt und man daraufhin die Blechzunge mit der Zange nur anfaßt, steigt die Spannung von 7,5 V allein dadurch auf vielleicht 7,9 V, die Zange allein gibt also 0,4 V Reglerfehler. Infolgedessen biegt man nicht auf 8,1 V nach, wenn man 8,1 V haben will, sondern auf 8,5 V — fährt man jetzt mit der Zange wieder heraus, sind ganz von selber die gewünschten 8,1 V da. In derselben Weise läßt sich auch das Einschalten und Wiederabschalten des Reglers bei niedriger Drehzahl nachregulieren, ich gebe aber nur deshalb hier keine Anweisungen, weil diese den Inhalt des Testheftes sprengen würden. Ausführliche Anweisungen darüber findet man in einem von der Auto Union herausgegebenen, sehr guten Vorschriftenheftchen, das sich „Richtig messen" betitelt.

Diese Reglernachstellungen sind alle kein Hexenwerk und mit etwas Ruhe und Überlegung so glatt hinzubekommen, wie sich ein anderer ein Butterbrot schmiert. Nur: Man darf nicht pfuschen, Sorgfalt ist alles, und ein genaues Voltmeter ist unerläßlich. Wenn man aber schon die Reglerkappe herunterholte und womöglich dabei mit dem Schraubenzieher ausrutschte — damit ist jeglicher Garantieanspruch erledigt. (Gar so erschröcklich ist die Garantie aber gar nicht!) Ich wüßte allerdings nicht, was bei sachgemäßer Reglernachstellung dem Regler oder der Lichtmaschine passieren sollte.

aus: Der Motortest - Die großen DKWs: RT 175 bis RT 250/2, 1. Auflage 1954



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