DKW-Motorraddienst

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Das Motorrad DKW RT 350 mit Binder-Seitenwagen im Test

Der Motor — Leistung und Charakteristik


Graph 1: Beschleunigungskurven für die Solomaschine und fürs Gespann. Die kritischen Sekunden liegen zwischen 60 und 90 km/h, 7,5 Sekunden sind es für Solo-, 12 Sekunden für Seitenwagenbetrieb. Aus dieser Zeitspanne erwächst nicht Raserei, sondern Verkehrssicherheit!
Graph 2: Bei 3500 U/min haben wir schon über 13 PS, das sind 75 km/h für die Solomaschine im vierten Gang. Und bei 4500 U/min sind schon bald alle PS erreicht. Man kann daraus entnehmen, wie schonend der richtige Mann mit diesem Motor fahren kann.
Graph 3: Natürlich kann man bis über 5000 U/min hinüberziehen, ohne daß er es krumm nimmt. Ab 5500 U/min ist aber nicht mehr viel zu holen.
Vorhin bin ich nicht besonders auf die Beschleunigung eingegangen: Nicht umsonst stellen wir gerade diese in unseren Tests ganz obenhin, während wir die Höchstgeschwindigkeit nur ganz nebenbei abtun. Auf Höchstgeschwindigkeit legt heute höchstens noch ein Bäckerlehrling Wert, wer fahren muß, hat längst erkannt, daß es die Beschleunigung allein ist, mit der man gute Schnitte fährt. Der Schnitt auf Bundesstraße richtet sich heute höchstens noch zur Hälfte nach der eigenen Maschine, die andere Hälfte bis 90 % des Schnittes werden von den Dicken, den Mauerblümchen und Leukoplastbombern diktiert, die da unendliche Kolonnen hinter sich herziehen, an denen nur sehr schwer vorbeizukommen ist. Daran mit Schuß vorbeizugehen wäre leichtfertig, also kann man nur auf Tuchfühlung herangehen und im Dritten oder gar im Zweiten mit Maximalbeschleunigung vorbei, sobald die Lücke im Gegenverkehr da ist. Der Dritte reicht bis 75 km/h im Gespann, das scheint nicht allzuviel, der Vierte zieht aber im Anschluß glatt weiter ohne merkbaren Leistungsabfall — und das ist eine Eigenschaft der Maschine, die bei diesem Schaltsprung nur knapp 3 PS nachgibt, man vergleiche die Werte des Gangdiagramms mit der Leistungskurve. Die Beschleunigung von 60 auf 90 km/h, also gerade im kritischen Verkehrsbereich, ist bei besetztem Gespann nur 12 Sekunden, solo 7,5 Sekunden.

Natürlich gibt es das nicht umsonst, und wenn wir auch immer sagen, daß heute jede Maschine, ganz gleich, woher sie kommt, annähernd gleich viel für gleiche Fahrleistung braucht wie jede andere Maschine, dann gilt das auch für die RT. Man wird erwägen, daß die RT einen „zahmen" Motor hat, nur 54 PS/l, dazu gehört auch ein geringerer spezifischer Verbrauch als bei Motoren über 60 bis 70 PS/l — man wird damit rechnen können, daß die RT 350 also an der unteren Grenze der von uns als Norm betrachteten Faustwerte für den Verbrauch liegt. Solo kommt man bei ausgesprochener Gewaltfahrt auf 5,2 Liter, im Gespannbetrieb bei ebenso ausgesprochener Autobahnhetze auf 7,4 Liter — das sind also Extremwerte und wer nicht so hetzt wie wir, wird darunterbleiben. Und weil wir gerade beim Hetzen sind, gleich ein paar Bemerkungen dazu: Auf der Reise nach Hamburg hatte ich einen Klemmer, der nachgearbeitet wurde. Auf der Dreitagestrecke wurde die Maschine nur gequält, in den Gängen, mit „langsamem" Kühlwind also, und ich wartete auf Klemmer und auf Lahmwerden infolge unzulänglicher Kühlung — die Wärmenester bei Zweitakt-Twins sind nicht mit Unrecht gefürchtet. Augenscheinlich hat die RT keine. Gegenprobe Autobahn, noch kritischer: Da kriegt man die meisten Twins binnen zehn Minuten fest, indem man das Gas bei einer ziemlich beliebigen Stellung zwischen halb und voll einfach stehen läßt. Die RT vertrug auch das, sichtlich bedeutet also der Stachelschweinzylinder eine echte Verbesserung.

Mit dem Gespann — besetzt — am steilen Berg, also über 25 %, wieder anzufahren ist nicht einfach, das ist aber keine spezifische Eigenschaft der RT, sondern aller derzeitigen 350er-Gespanne, wo sie auch herkommen. Es ist eine Frage der Auslegung des ersten Ganges, wir werden darüber noch eingehend schreiben, da es ja in dieser Hubraumklasse noch anderswo gleiche Aufgaben zu bewältigen gibt.

Graph 4: Bei 70 und 80 km/h zeigt das Fahrwiderstands- Diagramm die günstigsten Werte. Selbstverständlich rechnet man auch in diesem Bereich mit dem niedrigsten Verbrauch. Aber auch bei 90 km/h ist die Solomaschine noch sehr günstig dran.

aus: Das Motorrad, 7. Jahrgang Nummer 16 vom 13. August 1955



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